Víkingur Ólafsson | Beethovens letzte Sonaten
Wenn man in Island auf einem Hügel steht, erklärt Víkingur Ólafsson, kann man ganz weit in die Landschaft schauen – eine Weite, die der isländische Pianist auch im Innern empfindet, sobald er Klavier spielt.
Und genau wie seine Vorfahren, die Wikinger, sagt Víkingur Ólafsson, reise er um die Welt, im Gepäck seine Interpretationen beispielsweise von Bach oder Beethoven. Dabei geht es dem Pianisten nicht nur darum, als Gast die Welt von Bach oder Beethoven zu betreten, sondern umgekehrt werden die Komponisten durch seine Interpretation auch Teil seines eigenen Klangkosmos. Und der klingt bei Víkingur Ólafsson immer aufregend neu und vielfältig: Frisch und klar ist sein Klavierspiel, manchmal so plastisch, dass man fast dreidimensional zu hören meint. Er sei auf der Suche nach dem „unmöglichen Sound“, hat Víkingur Ólafsson mal in einem Interview gesagt.
Und diese Suche beginnt früh. Schon als Kleinkind – bevor er überhaupt spricht – sucht er sich Klänge auf dem Flügel der Eltern. Den kaufen seine Mutter, eine Pianistin, und sein Vater, ein Komponist, noch als Studenten auf Kredit und stellen ihn mitten in ihr sehr kleines Apartment. Doch Víkingur Ólafssons musikalische Initialzündung erfolgt noch früher: Als seine Mutter nämlich mit ihm schwanger ist, übt sie für ihr Solo-Examen als Pianistin. Und das Baby im Bauch – wenige Zentimeter von den Tasten entfernt – badet in Klavierklängen, bevor es überhaupt seinen ersten Atemzug tut.
In Klängen baden, sich versenken: das macht Víkingur Ólafsson bis heute. Letzte Saison hat er ausschließlich Bachs Goldberg-Variationen gespielt. Geplant waren 88 Konzerte – so viele wie ein Flügel Tasten hat. Geworden sind‘s dann einige Konzerte mehr, denn Ólafssons Goldberg-Variationen waren einfach zu gut! Langweilig ist ihm dabei nie geworden, ganz im Gegenteil: er habe immer wieder neue Dimensionen in diesem sagenhaften Variationszyklus von Bach für sich entdeckt. Bereits während er die Goldberg-Variationen gespielt hat, sind Ólafsson Bezüge zu Beethovens Klaviersonaten aufgefallen. „Fast wie ein Liebesbrief von Beethoven“, erklärt er in einem Interview, so empfinde er diese Anspielungen bei Beethoven auf Bachs Goldberg-Variationen. Ólafsson stellt die beiden Komponisten in seinem Rezital gegenüber. Er hat sich für diesen Vergleich ausnahmslos Werke ausgesucht, die auf den Tonarten E-Dur und e-Moll basieren. Dazu nimmt er eine Sonate von Beethovens Wiener Zeitgenossen Franz Schubert, natürlich auch in e-Moll.
Biografie Víkingur Ólafsson:
Der isländische Pianist Víkingur Ólafsson hat mit seinem tiefgründigem Musizieren und seinen visionären Programmen die Gunst von Kritik und Konzertpublikum erobert. Als einer der gefragtesten Künstler der Gegenwart haben Ólafssons Aufnahmen für Deutsche Grammophon zu fast einer Milliarde Streams geführt und zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter das „Album des Jahres“ des BBC Music Magazins und die Opus Klassik „Soloaufnahme des Jahres“ (zweimal). Weitere bemerkenswerte Ehrungen umfassen den Rolf-Schock-Preis, die Auszeichnung als „Künstler des Jahres“ von Gramophone, den Falkenorden (Islands Ritterorden) sowie den Icelandic Export Award verliehen vom Präsidenten Islands.
In einem wegweisenden Schritt widmete Ólafsson seine gesamte Saison 2023/24 einer Welt-Tournee mit einem einzigen Werk: Johann Sebastian Bachs Goldberg-Variationen, die er unter großem Beifall und zur Begeisterung der Kritiker 88 Mal aufführte. In der Saison 2024/25 ist Ólafsson Artist-in-Residence der Tonhalle Zürich und der Königlichen Philharmonie Stockholm sowie Artist-in-Focus des Wiener Musikverein. Neben Tourneen mit dem Cleveland Orchestra, dem London Philharmonic Orchestra und dem Tonhalle-Orchester Zürich und Konzerten mit den Berliner Philharmonikern bei den BBC Proms unternimmt er in dieser Saison eine mit Spannung erwartete Tournee mit zwei Klavieren durch Europa und Nordamerika.
Eintrittspreise
€ 25–75
Bildnachweis
Ari Magg